Esther Bejarano beim 10. Festival della Resistenza in Fosdinovo

Das Programm, mit dem Esther Bejarano, die im „Mädchenorchester“ des Vernichtungslagers Auschwitz Akkordeon spielte, am 31. Juli 2014 im Resistenzamuseum von Fosdinovo zu sehen und zu hören ist, entstand – wie auch das Buch „La ragazza con la fisarmonica“ – vor einigen Jahren in Italien. Dorthin kehrt sie jetzt mit der Rap-Band Microphone Mafia zu einem Auftritt zurück. Joram und Esther Bejarano - Foto: © Wolfram Mikuteit

Esther Bejarano, 1924 in Saarlouis als Esther Loewy geboren, ist Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz, wo sie zu den weiblichen Häftlingen gehörte, die durch Aufnahme in das „Mädchenorchester“ vor der Vernichtung durch Arbeit und vor dem Tod in den Gaskammern bewahrt wurden. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich künstlerisch und politisch als Sängerin, als Zeitzeugin und bei Kundgebungen und Veranstaltungen gegen jede Menschenfeindlichkeit und für eine anhaltende Erinnerungskultur. Sie ist Mitgründerin und Vorsitzende des Auschwitzkomitees sowie Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Und seit 2009 rappt sie mit der deutsch-türkisch-italienischen Band „Microphone Mafia“, um der sich ausweitenden neofaschistischen Propaganda auf deutschen Schulhöfen etwas entgegen zu setzen.


Ein Film, ein Gespräch und ein Konzert

Das Programm dieses Abends entstand in Italien: Im Januar 2011 trat Esther Bejarano mit „Microphone Mafia“ zum Holocaust-Gedenktag in Turin auf. Bei einem Zusammentreffen mit der Journalistin Antonella Romeo, die 17 Jahre in Hamburg gelebt und dort u.a. für die ZEIT und Radio Colonia (WDR) gearbeitet hat, entstand die Idee für ein gemeinsames Buch- und Erinnerungsprojekt. Unter dem Titel „La ragazza con la fisarmonica – Dall’orchestra di Auschwitz alla musica Rap“ erschien zwei Jahre später im Turiner Verlag Edizioni SEB 27 das von Antonella Romeo herausgegebene Buch über Esther Bejarano, das im ersten Teil auch einen bereits in den 1980er-Jahren entstandenen Text enthält, den Esther selbst über ihre Kindheit, die Deportation nach Auschwitz und Ravensbrück, über die Befreiung und die anschließende Emigration nach Palästina, die Schwierigkeiten bei der Rückkehr nach Deutschland und ihr politisches Leben geschrieben hat. Antonella Romeo und Esther Bejarano - Foto: © Wolfram Mikuteit

Zum Holocaust-Gedenktag 2013 hatten Antonella Romeo und Piero Somaglino vom Verlag Edizioni SEB 27 zusammen mit den Resistenza-Instituten der drei Provinzen Turin, Cuneo und Alessandria ein eindrückliches Programm zusammengestellt: „Esther Bejarano – Un incontro, un concerto, un libro e un film per il giorno della memoria“.

Esther Bejarano sang Lieder in Jiddisch, Romanes und Russisch und erzählte aus ihrem Leben und von ihrer politischen Arbeit, von ihren Besuchen an Schulen und der Zusammenarbeit mit den Rappern von Microphone Mafia. Dabei wurde sie von dem Jazz-Akkordeonisten Gianni Coscia begleitet.

Am 31. Juli 2014 ist Esther Bejarano, die mit diesem Programm bereits in vielen deutschen Städten zu sehen und zu hören war, nun wieder Italien: Im Resistenzamuseum des kleinen Ortes Fosdinovo, direkt an der Grenze zwischen Ligurien und der Toskana, tritt sie wieder mit Microphone Mafia zur Eröffnung des 10. Festival della Resistenza auf: Mit Ausschnitten aus dem Dokumentarfilm „Esther, die Akkordeonspielerin im Auschwitzorchester“, der rund um die Veranstaltung in Turin 2011 entstanden ist, einem Gespräch zwischen Esther Bejarano und Antonella Romeo und Liedern über den Widerstand, aus den Lagern und über die Deportation von Juden, Sinti und Roma.

Esther Bejarano: Erinnerungen – Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts. Herausgegeben von Antonella Romeo. Laika-Verlag Hamburg, 2013. Hardcover mit Schutzumschlag, 208 S., 21 Euro, ISBN:978-3-94233-04-8

Wer nicht gerade im Urlaub in dieser Region ist und die Gelegenheit hat, Esther Bejarano dort zu sehen, kann zum Buch greifen: Im Herbst 2013 ist die deutsche Ausgabe von Esther Bejaranos „Erinnerungen“ im Laika Verlag erschienen; ihr ist der Dokumentarfilm als DVD beigelegt.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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