Das Massaker von Benedicta

Zwischen Mitte März und Mitte April 1944 fanden an vielen Orten im von den Deutschen besetzten Italien Razzien und sogenannte „Auskämmungsaktionen“ statt, die meisten in Ligurien und Piemont. Im noch zum Piemont gehörenden ligurischen Apennin, in der Provinz Alessandria und nur wenige Kilometer nordwestlich von Genua, wird an der damals als Gutshof genutzten alten Abtei von Benedicta an eines dieser blutigen Geschehen erinnert, das heute vor genau 70 Jahren begann.Das Massaker von Benedicta - Foto: © Wolfram Mikuteit

Wer im Hinterland von Genua durch den Parco naturale delle Capanne di Marcarolo fährt, gelangt zwangsläufig zum „Parco della Pace“ von Benedicta. Am Karfreitag 1944, im Morgengrauen des 7. April, begann hier in der unwegsamen Gegend rund um den Monte Tobbio eine großangelegte „Auskämmungsaktion“ faschistischer Guardia nazionale repubblicana-Truppen unter deutscher Wehrmachtsleitung, bei der fast 100 sogenannte „Rebellen“ starben. In den folgenden Tagen wurden in benachbarten Orten weitere 50 Männer erschossen, circa 400 wurden gefangen genommen und viele von ihnen in deutsche Konzentrationslager deportiert. 17 von denen, die das Massaker in Benedicta überlebt hatten, wurden im Gefängnis Marassi in Genua inhaftiert und am 19. Mai 1944 mit anderen Häftlingen am Turchino-Pass ermordet.

Was genau unter „Rebellen“ zu verstehen war, schildert der Historiker Lutz Klinkhammer in seinem Buch „Zwischen Bündnis und Besatzung – Das nationalsozialistische Deutschland und die Republik von Salò 1943-1945“:

„Auch in diesem Fall handelte es sich bei den Rebellen nicht um eine kompakte Partisanen-„Bande“. Dies verrät nicht nur die große Zahl der Aufständischen, deren mangelnde Bewaffnung und eingeschränkte Widerstandsmöglichkeiten dazu führten, daß die Häscher eine große Zahl von Toten und Gefangenen machen konnten, sondern auch die Zusammensetzung der Gruppe am Monte Tobbio: Der größte Teil waren geflüchtete Jugendliche, entflohene alliierte Kriegsgefangene, untergetauchte Soldaten des ehemaligen königlich-italienischen Heeres; auch kommunistische Arbeiter aus den ligurischen Fabriken gehörten dazu. Die mehr unter dem Zwang der Ereignisse Geflüchteten hatten sich – abgesehen von den Kommunisten unter den Arbeitern und einem Grüppchen von Christdemokraten – politisch nicht weiter artikuliert und auch keine besonderen Aktionen unternommen, sondern sich auf die Beschaffung von Lebensmitteln beschränkt“ (S.441).

Und konstatiert:
Die Partisanenbekämpfung hatte also bereits in dieser Phase zu einem beträchtlichen Teil eine ,,Auskämmung zum Arbeitseinsatz“ zum Ziel.

Eine kleine Kapelle und ein schlichtes Kreuz stehen heute dort, wo am 7. April 1944 die Erschießungen stattfanden. Gegenüber befindet sich das Massengrab und die Gedenkstätte, das Sacrario dei Martiri della Benedicta, für die Opfer des Massakers.  Etwas höher gelegen wird an den Ruinen der Capanne di Marcarolo ein Informationsort geschaffen; viele Schautafeln geben dort bereits heute einen Überblick über die Vorfälle, die sich Ostern 1944 ereigneten.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

 

 

 

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