Im Bosco della Memoria in Monza wird an die Opfer der Deportationen erinnert

Monza, nur knapp 20 km nordöstlich von Mailand gelegen, gehörte zum Einzugsgebiet der großen Industrieunternehmen, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in und um den Nachbarort Sesto San Giovanni angesiedelt hatten. Frauen und Männer aus Monza pendelten dank guter Verkehrsverbindungen in die dort ansässigen Fabriken von Breda, Pirelli, Falck, Marelli, Singer und deren Zulieferer.

der Bosco della Memoria in Monza - Foto: © Wolfram Mikuteit

der Bosco della Memoria in Monza – Foto: © Wolfram Mikuteit

Zusammen mit Turin und Genua bildete der Großraum Mailand das „Triangolo industriale“, das industrielle Ballungsgebiet Norditaliens, und stellte das Rückgrat der faschistischen Kriegswirtschaft dar. Nach der italienischen Kapitulation im September 1943 waren diese Industriezentren von eminenter Bedeutung für den Machterhalt des installierten Marionettenregimes von Salò ebenso wie für die deutschen Besatzer.

Die großen Streiks
Die norditalienische Arbeiterschaft hatte sich bereits mit den Märzstreiks des Jahres 1943 aufgrund der katastrophalen Ernährungslage unter dem Motto „Pane e Pace“ (Brot und Frieden) politisch zu artikulieren begonnen. Nach der deutschen Besetzung weitete sich die Streikbewegung ab November 1943 aus und kulminierte im Generalstreik vom März 1944.
Mit dem Ertönen der Frühstückssirene traten am 1. März 1944 die Arbeiter der Rüstungsbetriebe im Großraum Mailand wie auch in Turin und Genua in den Ausstand. „Die Bewegung hat rein politische Ziele kommunistischer Prägung“, berichtete der deutsche Botschafter Rahn am 4. März 1944 an das Auswärtige Amt und bezifferte die Zahl der Streikenden im Großraum Mailand mit etwa 50-60.000 Arbeitern.
Mit dem einwöchigen Generalstreik bot die norditalienische Arbeiterschaft den deutschen Besatzern die Stirn. Als Hitler von den Vorgängen erfuhr, erschien ihm die bloße Verhaftung der „Rädelsführer“ offensichtlich viel zu lasch. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel übermittelte dem Auswärtigen Amt am 6. März folgende Entscheidung des Diktators: „Der Führer hat befohlen, daß 20 Prozent der streikenden Arbeiter aus Oberitalien sofort zwangsweise nach Deutschland abtransportiert und dem Reichsführer-SS zum Arbeitseinsatz zur Verfügung gestellt werden sollen.“ Dieser „Führerbefehl“ – er hätte die Deportation von ca. 70.000 Menschen zur Folge gehabt – wurde später wieder zurückgenommen. Zu einer großangelegten Verhaftungswelle während und nach Ende des Streiks kam es dennoch. Anhand „schwarzer Listen“ wurden allein in Monza 92 Menschen, darunter fünf Frauen, in deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.

Der Bosco della Memoria in Monza. Für jedes der 92 Opfer wurde ein Baum gepflanzt. Jeden der Bäume umgibt ein Metallring mit dem Namen des Opfers. - Foto: © Wolfram Mikuteit

Der Bosco della Memoria in Monza. Für jedes der 92 Opfer wurde ein Baum gepflanzt. Jeden der Bäume umgibt ein Metallring mit dem Namen des Opfers. – Foto: © Wolfram Mikuteit

Der Bosco della Memoria
Am 27. Januar 2018 wurde nun in Erinnerung an die Opfer der Deportationen in Monza der Bosco della Memoria, der Wald der Erinnerung, eingeweiht. Immer zugänglich, offen für Alle, soll so das Schicksal der 92 aus Monza Deportierten, von denen nur 20 Menschen überlebten, wachgehalten werden.
Auf einer Grünfläche an der Via Messa wurden dafür 92 junge Bäume gepflanzt. Jeden der Bäume umgibt ein Metallring mit dem Namen des Opfers.

Parco della Memoria in Monza. Vertikale Erinnerungsstelen für die Zielorte der Deportationen. - Foto: © Wolfram Mikuteit

Parco della Memoria in Monza. Vertikale Erinnerungsstelen für die Zielorte der Deportationen. – Foto: © Wolfram Mikuteit

Zusätzlich stehen vertikale Erinnerungsstelen für Zielorte der Deportationen. Mit Auschwitz, Mauthausen, Gusen, Dora Mittelbau, Dachau, Ravensbrück, Hartheim und Buchenwald sind die bekanntesten vertreten. Aber auch in kleineren, im Bosco della Memoria nicht explizit genannten Nebenlagern, wie etwa dem KZ Aufkirch bei Überlingen am Bodensee, verloren Männer aus Monza ihr Leben: Federico Gaviraghi und Domenico Bonfanti, eingesetzt beim Bau eines unterirdischen Stollensystems für die Friedrichshafener Rüstungsbetriebe Dornier, Zeppelin, ZF und Maybach, wurden dort umgebracht.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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