Die Gestapo in der Casa dello Studente
Die Universität Genua ließ zwischen 1933 und 1935 die Casa dello Studente am Corso Aldo Gastaldi (damals: Corso Giulio Cesare) als Studentenwohnheim errichten. Kurz nach Fertigstellung wurde das 5-geschossige Gebäude von der Faschistischen Partei übernommen. Nach der Besetzung Genuas durch deutsche Truppen war die Casa dello Studente ab Mitte Oktober 1943 Sitz der Gestapo, war deren Verhör- und Folterzentrum unter Leitung von SS-Obersturmbannführer Friedrich Engel, dem SD- und Polizeichef von Genua, der in internationalen Medien auch als „Schlächter von Genua“ bezeichnet wird.
Nach der Befreiung Genuas am 25. April 1945 – die deutschen Truppen unter dem Kommando von Generalmajor Günther Meinhold hatten sich direkt den Vertretern des Widerstands ergeben – fanden die Partisanen im Keller der Casa della Studente Folterwerkzeuge, Blutspuren, Knochenteile und Fingernägel. Die Medien berichteten über die Funde, und für eine kurze Zeit stand das Gebäude, in dem Hunderte von Widerstandskämpfern gefangen gehalten und in dem sogenannten „Keller der Qualen“ vor ihrer Hinrichtung oder Deportation gefoltert wurden, der Bevölkerung Genuas offen.
Aber schon ab 1946 wurde die Casa dello Studente wieder von der Universität genutzt, die Gefängniszellen wurden als Vorratsspeicher für die Mensa verwendet und der Zugang zum für die Folterungen genutzten unterirdischen Luftschutzraum wurde – im Namen der nationalen Versöhnung – zugemauert.
Die verborgene Seite des deutschen Widerstandes
27 Jahre lang rührte niemand an der grausigen Vergangenheit des Studentenwohnheims. Erst nachdem Studenten Ende der 1960er-Jahre zusammen mit ehemaligen Widerstandskämpfern damit begonnen hatten, die Geschichte des Gebäudes zu rekonstruieren, legten sie 1972 diesen Zugang wieder frei. Damals entstand die Idee, den „Keller der Qualen“ als Gedenkstätte des internationalen Widerstandes zu erhalten. Das Ziel der Initiatoren war es, den oft längst vergessenen Beitrag all jener zu würdigen, die in ganz Europa für den Widerstand gegen Nationalsozialismus und Faschismus kämpften, der „kein Vaterland und keine Grenzen kannte“. Hier sollte nicht nur an den ehemaligen Folterkeller der Gestapo erinnert werden. Dass das Gebäude auch von italienischen faschistischen Organisationen im Wissen um die Ereignisse in den Folterkellern genutzt wurde, sollte ebenso in Erinnerung bleiben wie die vielen Opfer des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime, vor allem in den Reihen der Arbeiterbewegung, über den in Italien relativ wenig bekannt war/ ist.
Um diese nach Ansicht der Initiatoren verborgen gebliebene Seite des deutschen Widerstandes, vor allem den der Arbeiter in Berlin, zu würdigen, ehren sie in der Casa dello Studente seit 1974 Rudolf Seiffert stellvertretend für die deutschen Widerstandskämpfer. Seiffert (1908-1945) war Leiter einer illegalen Betriebsgruppe bei den Siemens & Halske-Werken in Berlin-Siemensstadt und Mitglied der Berliner Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation. Am 29. Januar 1945 wurde er im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet.
Museo della Resistenza Europea in der Casa dello Studente
In das Museo della Resistenza Europea gelangt man durch die Mensa des Studentenwohnheims. Im Eingangsbereich hängt eine Kopie des Abschiedsbriefes, den Rudolf Seiffert kurz vor seiner Ermordung schrieb.
Zu besichtigen sind im Rahmen einer Führung die winzigen Zellen, in denen die Häftlinge untergebracht waren, der Gewölbekeller mit Erklärungstafeln zu den Geschehnissen im ehemaligen Folterkeller des Gestapogefängnisses und weitere Gedenktafeln für Rudolf Seiffert.
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit
2015:
Dieses Jahr werden Führungen durch den ehemaligen Folterkeller der Gestapo im Museo della Resistenza Europea vom 20. bis zum 28. April zwischen 10.00-12.00 Uhr angeboten.
Darüberhinaus am 25. April 2015 zwischen 11.30-19.00 Uhr.
Sabine Bade
Die beste Gelegenheit, das Museo della Resistenza Europea im ehemaligen Folterkeller der Gestapo in Genua zu besichtigen, bietet sich jedes Jahr um den 25. April, wenn in Italien der Tag der Befreiung vom Nazifaschismus gefeiert wird.
Dieses Jahr werden vom 14.-24.4.2014 Führungen von 9.30 – 12.00 Uhr und am 25.April 2014 Führungen von 11.30 – 19.00 Uhr angeboten.
Sabine Bade